Thurgauer Zeitung vom Freitag 29. Mai 2009
Leserbriefe
© Thurgauer Zeitung, Kopie aus Online Archiv 01.01.2010

Kostspieliger, administrativer Leerlauf

«Wenn aus Rotbühl Roopel wird»,TZ vom 25. Mai

Die Flurnamen seien «bereinigt» worden, steht im Artikel. Resultat ist nun, dass wir ein unerhörtes Chaos in unserer Thurgau-Karte haben. Da steht frischfröhlich Thur neben Tuurraa (für Thurrain), Tuurfäld, Tuurbärg. Den Kindern würde sowas in der Schule rot angestrichen. Es besteht absolut kein öffentliches Interesse, Flur- und Ortsnamen einfach zu ändern, dazu sind sie zu bedeutend. Ihre kulturelle Zurückverfolgung geht dadurch verloren.

Der Kantonsgeometer spricht von einer Handvoll Einsprachen: Kunststück, wenn das im Vorfeld nicht in aller Deutlichkeit öffentlich gemacht und man einfach vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Unsere Landeskarten sollten kein Tummelplatz für Namensforscher und Sprachwissenschaftler sein, das verwirrt nur den Normalverbraucher. Dass die Wegweiser und Ortstafeln jetzt noch angepasst werden müssen, zeugt im schwierigen wirtschaftlichen Umfeld nicht eben von Sensibilität – sowas ist ja wohl nicht gratis. Vor allem sind es bestimmt viel mehr als die von Herrn Nyffenegger geschätzten 40 Stück; man muss nur mit offenen Augen durch die Gegend gehen. Eine plausible Erklärung der Namensveränderer für die Änderungen ist immer noch ausstehend.

Annette Büchi, Fischingen

 

Der Autor stützt sich vor allem auf den Namensforscher Eugen Nyffenegger und den Kantonsgeometer Christian Dettwiler. Diese bilden zusammen mit einem Vertreter der Gemeinde die sogenannte Nomenklaturkommission des Kantons Thurgau. Einige dieser Aussagen scheinen mir nicht richtig zu sein:

– Im Kanton Thurgau seien 25 000 Flurnamen bereinigt worden. Der Bund habe 1970 die Vereinheitlichung der Schreibweise von Orts- und Flurnamen angeordnet. Ich finde jedoch in der Sammlung des Bundesrechts keine solche Anordnung. Es sind denn auch nur die Kantone Thurgau und Schaffhausen, die die Schreibweisen ihrer Lokalnamen umfassend verändert haben.

– Die bisher hochdeutschen Bezeichnungen müssten in den Grundbüchern von einer standardisierten Schreibweise abgelöst werden. Wo ist die Kostenschätzung der 20 Thurgauer Grundbuchkreise für diesen Aufwand? Ferner müssten Strassentafeln geändert werden. Wie viele Wegweiser und Ortstafeln sind zu ersetzen? Wie gross ist der Aufwand aller Amtsstellen für die Änderungen der Schreibweisen von Lokalnamen in deren Akten? In der Ausgabe 2005 des Ortschaften- und Siedlungsverzeichnisses mussten für 1265 Siedlungen 2178 verschiedene Schreibweisen angegeben werden.

– Diese Aufzählung zeigt nur einige der Aufwendungen für die Änderungen der Schreibweise von Lokalnamen. Sind die gesamten entstehenden volkswirtschaftlichen Kosten bekannt? Haben der Grosse Rat des Kantons Thurgau und die Regierung Kenntnis davon? Und wer beschreibt die Unsicherheiten und Umtriebe während der jahrelangen Übergangszeiten.

Die Arbeit der Umbenennungen «dürfte noch im Jahre 2009 abgeschlossen werden». Ist dies zulässig, nachdem der Bund im Art. 4 der seit dem 1. Juli 2008 rechtskräftigen Verordnung über geografische Namen unter anderem verlangte: «Geografische Namen und ihre Schreibweise dürfen nur aus öffentlichem Interesse geändert werden.»

Nach meiner Meinung ist die Änderung der bisherigen Schreibweise der Lokalnamen im Thurgau ein kostspieliger administrativer Leerlauf. Mit einem Bruchteil des benötigten Geldes hätte die Mundart wohl wirksamer gefördert worden können.

Paul Märki, Hombrechtikon