Thurgauer Zeitung, Online-Ausgabe vom 8.
August 2009
«Thurberg» kämpft um den Namen
Text: Urs Brüschweiler. Bild: Susann Basler.
Jrene und Daniel Franz vom Restaurant Thurberg ob Weinfelden sind
aufgebracht. Nach der Änderung der Flurnamen soll ihr Familienbetrieb
nun plötzlich auf dem «Tuurbärg» stehen.
WEINFELDEN – Die Aussicht auf das Thurtal von der Terrasse des
«Thurberg» ist grandios. Drinnen im Restaurant hängt hinter Glas eine
Kopie einer alten Karte des Gebiets um den Thurberg. Das Orignial
befinde sich im Schloss Altenklingen und sei datiert auf das Jahr 1741,
ist darauf zu lesen. «Nirgends findet man hier etwas von
‹Tuurbärg›», sagt Jrene Franz, «von der Schreibweise mit
zwei ‹u› und ‹ä› hinten haben wir noch nie
etwas gehört». Seit fünf Generationen ist ihre Familie stolze
Besitzerin der Liegenschaft. Sie und ihr Mann sind aufgebracht über die
Namensänderung hin zu der vermeintlichen historischen
Mundartschreibweise. Im Zuge der Bereinigung der Flur- und
Siedlungsnamen durch eine kantonale Nomenklaturkommission wurde der
«Thurberg» in «Tuurbärg» umgetauft. «Niemand hatte vorher mit uns
gesprochen.» Das sei geschäftsschädigend. Als über 100-jähriger
Gewerbebetrieb mit vielen Gästen, die extra von weit her kommen, seien
sie auf den Wiedererkennungswert angewiesen, so Daniel Franz.
Erfahren von der Umbennenung hätten sie erst, als sie in der Zeitung
über die Änderungen im ganzen Kanton lasen und anschliessend auf einer
elektronischen Wanderkarte nachsahen. «Wer im Navigationssystem den
Thurberg sucht, findet nie und nimmer den ‹Tuurbärg›», so
Daniel Franz. Familie Franz will sich gegen die Umbenennung wehren. Man
habe Einsprache erhoben beim Kanton. Das Einzige, was bisher dabei
herausgeschaut habe, sei die – wenn auch verständnisvoll und
freundlich formulierte – Antwort gewesen, wonach sie ihr
Restaurant selbstverständlich nennen dürften, wie sie wollten –
der offizielle Flurnamen bleibe aber. Im Kontakt stehen Jrene und
Daniel Franz aber auch mit den Gemeindebehörden, um diese auf das
Problem aufmerksam zu machen.
Bereits wieder geändert?
Zum Ärger über die neue, alte Schreibweise kommt noch die
Verwirrung: Auf der Landkarte 1:25 000 aus dem Jahre 2004 ist das
Gebiet als «Tuurbärg» vermerkt. Im Thurgis, dem offiziellen
Geografischen Informationssystem des Kantons, ist das Gelände
allerdings als «Tuurberg» angeschrieben. Der Name der Parzelle lautet
dort jedoch wieder «Tuurbärg» und diese befindet sich wiederum an der
«Thurbergstrasse». Ob hier zumindest teilweise zurückbuchstabiert
wurde, konnte wegen der Ferienabwesenheit der Verantwortlichen nicht in
Erfahrung gebracht werden. «Wir wollen, dass diese Änderungen
rückgängig gemacht werden», sagt Jrene Franz. Von unseren Gästen und
Bekannten werden wir in dieser Beziehungen positiv unterstützt. Auch
das Schweizer Fernsehen habe schon angefragt, ob es über ihr Problem
berichten dürfte. «Aber wir waren da gerade in den Ferien.»
(ThurgauerZeitung)
Schon die alten Römer waren hier
«Der Thurberg bildet einen ins Thurtal vorspringenden Sporn des
Ottenberges», ist auf einer Tafel am Gebäude zu lesen, welche vom
Kantonalen Amt für Archäologie stammt. Es gebe Hinweise auf Siedlungen
hier, die bis in die Jungsteinzeit vor 4800 Jahren zurückreichten. Auch
aus der Bronzezeit habe man Überreste gefunden. Und sogar die Römer
seien wahrscheinlich schon hier gewesen. Im Mittelalter sei hier eine
Burg gestanden, deren Ruine beim Neubau des Gebäudes abgetragen worden
sei. Das Restaurant wurde am 1. Januar 1910 eröffnet. (ubr)
«Übers Ziel geschossen»
Der Weinfelder Gemeinderat Walter Strupler äusserte sich auf Anfrage
ebenfalls kritisch zu den Namensänderungen. «Hier wurde wohl übers Ziel
hinausgeschossen. Wenn man schon Mundartbezeichnungen verwenden will,
dann doch so wie man heute spricht und nicht wie sehr viel früher.» Die
Gemeinde Weinfelden werde sicher keine Tafeln und Schilder ändern,
welche in ihrem Verantwortungsbereich lägen. (ubr)
Erstellt: 04.08.2009, 11:51 Uhr
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