Thurgauer Zeitung online vom 21. August 2009.

Nichts als Ärger mit den Flurnamen.

Von Melissa Müller. 

Die neuen Strassennamen in Ristenbüel und Halingen seien unnötig, finden die Bewohner. Und erst noch unkorrekt: Ein Ort, an dem früher Hanf angebaut wurde, heisst heute «Hauffäcker» statt «Hanfäcker».

Heinrich Fitzli lebt seit seiner Geburt im Weiler Ristenbüel bei Matzingen. Obwohl der 75-Jährige nie weggezogen ist, hat er seit wenigen Wochen eine neue Adresse: Altgass 8. Bislang hatte sein Haus keine Nummer und keinen Strassennamen. Die Weiler Ristenbüel und Halingen sind Sonderfälle: Bis vor Kurzem gab es dort keine Strassennamen. Damit ist jetzt Schluss: Im Zuge einer geplanten Volkszählung verlangt der Bund, dass jedem Haus eine Nummer und eine Strassenbezeichnung zugeordnet wird. Der Matzinger Gemeinderat kramte deshalb alte Ortspläne aus der Schublade, suchte ein paar Flurnamen aus und liess neue Schilder anfertigen. «Es ist uns ein Anliegen, bestehende Flurnamen zu verwenden», sagt Gemeindeschreiber Willy Feurer. Als die Ristenbüelerin Liselotte Gubler davon erfuhr, beschwerte sie sich bei ihm: «Hallo, was macht ihr da unten für einen Käse?», fragte sie. Der Gemeindeschreiber: «Aha, habt ihr euch abgesprochen da oben?»

Man nimmts mit Humor
Inzwischen stehen in Ristenbüel und Halingen blaue Ortstafeln. Sie tragen Bezeichnungen wie «Roswies» oder «Alte Büül». Bewohnerinnen und Bewohner der Weiler sind irritiert. In ihren Augen sind die neuen Schilder ein amtlich bewilligter Blödsinn. «Es ist völlig übertrieben», sagt auch die Matzinger Pöstlerin Esther Berchtold.
     «Zuerst haben wir uns geärgert, jetzt lachen wir darüber», sagt Liselotte Gubler. In ihrem Garten steht ein Schild mit der Bezeichnung «Schründler». «Ich habe mich noch nicht daran gewöhnt, dass ich nun im Schründler 1 wohne», sagt die Bäuerin. «Es macht wenig Sinn. Niemand in Matzingen weiss, wo der Schründler ist.» Wenn schon die Einheimischen Mühe haben – wie sollen sich dann erst die Auswärtigen zurechtfinden? Die Ristenbüeler Heinrich Fitzli und Hans Widmer finden, dass die Gemeinde ihr Geld besser in sinnvollere Projekte investieren sollte, als in neue Strassenschilder. «Die Thunbach-Brücke müsste dringend saniert werden», sagt Fitzli. Ihn stört vor allem die neue Strassenbezeichnung «Hauffäcker». «Auf dieser Wiese bauten die Bauern früher Hanf an. Deshalb müsste es eigentlich Hanfäcker heissen.» Für Gemeindeschreiber Willy Feurer ist der Name «Hauffäcker» hingegen passend, da er in einem 25 Jahre alten Plan vermerkt war. Liselotte Gubler hat bisher darauf verzichtet, den amtlichen Stellen und Versicherungen ihre neue Adresse bekannt zu geben. «Im schlimmsten Fall würde ich keine Rechnungen mehr bekommen», sagt sie ironisch. «Die würd ich auch nicht vermissen.»
(ThurgauerZeitung)