Thurgauer Zeitung vom 24. September 2009.

TITELBLATT

Zeitdruck im Flurnamenstreit.

FRAUENFELD - Die kantonale Arbeitsgruppe, welche die umstrittene Schreibweise der Thurgauer Orts- und Flurnamen unter die Luppe nehmen soll, gerät unter Zeitdruck. Nächstes Jahr werden die Thurgauer Blätter der Landeskarte neu gedruckt. Dann werden die schlecht akzeptierten Mundartnamen bis zur Neuauflage 2016 zementiert. Weitere Mundartnamen, die seit der letzten Kartenausgabe vor sechs Jahren festgelegt werden, könnten dazukommen. Den Zeitplan will die Arbeitsgruppe nicht auf den Kopf stellen lassen. Doch versucht sie, Einfluss darauf zu nehmen, welche Namen der Thurgau an das Bundesamt für Landestopografie liefert. Als weitere Lösung steht im Raum, dass eine kleine Auflage gedruckt wird, die rasch ersetzt werden müsste. (wid)


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Im Namenstreit läuft Zeit davon.

Von Christof Widmer. Bild Tom Werner.

Nächstes Jahr werden die Thurgauer Blätter der Landeskarte neu gedruckt. Bis dahin dürfte aber noch keine Klarheit über die künftige Schreibweise der Thurgauer Orts- und Flurnamen bestehen.

FRAUENFELD – Die Vorbereitungen im Bundesamt für Landestopografie (Swisstopo) sind schon weit gediehen. Die Luftaufnahmen vom Thurgau sind gemacht. Die neusten baulichen Veränderungen können so für die Neuausgabe der Thurgauer Kartenblätter der Landeskarte berücksichtigt werden. Die elf Blätter der Karte im Massstab 1:25 000, die den Kanton abdecken, werden nächstes Jahr neu gedruckt. Ein Jahr später folgen die Karten im Massstab 1:50 000. Die in der Karte verzeichneten Orts- und Flurnamen übernimmt das Bundesamt vom Thurgauer Amt für Geoinformation.
     Hier liegt das Problem: Wie die Lokalnamen im Thurgau geschrieben werden sollen, ist inzwischen hoch umstritten. In den letzten 30 Jahren wurden die Namen Schritt für Schritt amtlich festgelegt. Dabei wurde eine Mundartschreibweise angewandt, die mittlerweile von der Bevölkerung kaum mehr akzeptiert wird. Der Regierungsrat stoppte letzten Monat die Festlegung der noch verbleibenden Namen. Eine Arbeitsgruppe soll bis April einen Ausweg aus dem Namenstreit suchen.

Neuauflage kaum zu stoppen.
Bis dahin könnte es zu spät sein. Nicht nur, dass die schon bisher auf der Landeskarte verzeichneten umstrittenen Mundartnamen bis zur nächsten Überarbeitung 2016 zementiert werden. Darüber hinaus dürften Namen hinzukommen, die seit der letzten Kartenausgabe 2004 neu festgelegt worden sind. Wie viele das sind, ist nicht bekannt. Kantonsgeometer Christian Dettwiler schätzt, dass seither in bis zu 20 Gemeinden noch Namen bestimmt wurden. Vergleicht man die aktuelle Karte mit den im digitalen Vermessungsplan Thurgis verzeichneten offiziellen Namen, sind da und dort tatsächlich Abweichungen festzustellen (Bild).
     Die Hoffnung der Gegner der Mundartnamen, dass Swisstopo den Neudruck zurückstellt, bis die Namenfrage geklärt ist, wird vom Bundesamt enttäuscht. Eine Produktion zu stoppen sei schwierig, vor allem wenn die Luftaufnahmen gemacht seien, sagt der stellvertretende Direktor Fridolin Wicki.
     Die kantonale Arbeitsgruppe will sich nicht unter Druck setzen lassen. Es gelte, die Grundlagen seriös aufzuarbeiten, sagt ihr Leiter Andreas Keller, Generalsekretär des Departements für Inneres und Volkswirtschaft. Ohnehin werde sich die Arbeitsgruppe nicht mit einzelnen Namen befassen, sondern dem Regierungsrat nur Empfehlungen geben, wie weiter zu verfahren ist. Ziel sei aber eine Landeskarte, die von der Bevölkerung besser akzeptiert werde, sagt Keller. Er ist zuversichtlich, dass die Arbeitsgruppe noch Einfluss nehmen kann auf die Namen, die das Amt für Geoinformation an Swisstopo schickt.

Siedlungsnamen belassen?
Wie das gehen könnte, umreisst Amtschef Dettwiler, ebenfalls Mitglied der Arbeitsgruppe: Vor allem die Namen für bewohnte Gebiete seien umstritten. Sie könnten für den Neudruck im gewohnten Schriftdeutsch belassen werden. Das müsse aber rasch entschieden werden, sagt Dettwiler. Warte die Arbeitsgruppe bis April, sei der Zug abgefahren. CHRISTOF WIDMER


Kleinere Auflage als Lösung.
Da die Neuauflage der Kartenblätter kaum aufgehalten werden kann, steht eine pragmatische Lösung im Raum: Es könnte eine kleinere Auflage gedruckt werden, die schnell vergriffen wäre. Für den darauf folgenden Neudruck könnten die Resultate der kantonalen Arbeitsgruppe berücksichtigt werden. Ein solches Vorgehen würde Gemeindeverbandspräsident Roland Kuttruff, der als Kritiker der Mundartnamen in der Arbeitsgruppe sitzt, begrüssen. Sein Ziel sei es, bei jenen Namen, die im Alltag gebraucht werden, die Mundartschreibweise rückgängig zu machen. (wid)