Thurgauer Zeitung vom Samstag 26. September 2009
Leserbriefe
© Thurgauer Zeitung, Kopie aus Online Archiv 01.01.2010
Schildbürgerstreich Mundartformen
Das Hochdeutsch wurde in der neuen deutschen Rechtschreibung mit grossem Aufwand eindeutig und klar geregelt. Und nun das. Ich wohne in Weinfelden. Wenn ich denke, dass die Mundart bei den Flur- und Ortsnamen Einzug hält, graut es mir. Denn wie schreibt man Weinfelden in Mundart eigentlich richtig?
Wyfelde, Wifelde, Wiifelde, Wyfälde, Wifälde, Wiifälde, Wynfelde, Wynfälde?
In der Schweiz gibt es unzählige Dialekte. Also in welcher Mundart suche ich Weinfelden im Telefonbuch, Google, oder einem anderen elektronischen Suchdienst?
Auf Kosten der Steuerzahler und gegen den Volkswillen werden die altbewährten Ortsnamen in die Mundartversion umbenannt. Obwohl sich ein Durcheinander und weitere Kosten abzeichnen, hält der Kanton daran fest. Das Departement befleissigt sich zu erklären, dass das Geschäft in die Vernehmlassung geschickt wurde und es keine nennenswerte Opposition gab. Das Projekt im Kanton sei schon zu weit fortgeschritten, um es noch zu stoppen und rückgängig zu machen.
Ich frage mich jedoch, ob das wirklich stimmt. Denn wenn man konsequent ist, heisst das nicht nur ein paar Ortstafeln neu drucken und montieren und die kantonalen Pläne zu ändern. Um Verwechslungen und Fehler auszuschliessen, heisst das konsequenterweise auch, dass nicht nur im Thurgau alle Pläne, alle Adressverzeichnisse, alle Werbeflyer, alle Broschüren, alle Briefköpfe und so weiter angepasst werden müssen. Nein das heisst schweizweit, teilweise vielleicht europaweit oder weltweit.
Wenn ich mir vorstelle, was das alles für die Privatwirtschaft und den einzelnen Bürger und die Bürgerin kosten wird, dann graut es mir. Da ist der Aufwand vom Kanton wahrscheinlich nur ein Pappenstiel. Wie heisst es doch: Wer sich die Suppe einbrockt, soll sie auch gefälligst selber wieder auslöffeln.
Hanspeter Gsell, Weinfelden