51. Kanton Thurgau. Zurück zur gemässigten Schreibweise.


Kommentar des Redaktors dieser Webseite vom 30. Dezember 2015.

Von etwa 1995 bis 2010 führte der Kanton Thurgau für Lokalnamen eine extremmundartliche Schreibweise ein. Statt diese Bestrebungen zu ignorieren, hatte das Bundesamt für Landestopographie die veränderten Schreibweisen sogar auf der amtlichen Landeskarte übernommen! Und um 2005 versuchte swisstopo vergeblich, auf eidgenössischer Ebene nachträglich die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen. Dank eine kräftigen Opposition aus Fachkreisen gelang dies glücklicherweise nicht. Mit den eidgenössischen Weisungen 2011 wurden die Bestimmungen der Weisungen 1948 übernommen. Sie blieben bezüglich der Schreibweise von Lokalnamen von 1948 bis 2011 ganz genau unverändet.
      Im Kanton Thurgau hatte inzwischen eine breite öffentlich Opposition bewirkt, dass der Kanton am 28. Mai 2010, die veränderte Schreibweise von Lokalnamen wieder rückgängig machte.
      Im nebenstehenden Artikel schreibt Christof Widmer, dass 2015 im ersten nachgeführten Blatt der Landeskarte 1:25'000 die Lokalnamen weitgehend wieder in der bisherigen Schreibweise geschrieben sind. 2016 werden alle weiteren analog nachgeführten Blätter der Landeskarte des Kantons Thurgau erscheinen. Eine jahrzehntelange Phase der Verunsicherung ist damit abgeschlossen. Die Kosten und administrativen Leerläufe in der Verwaltung und in der Privatwirtschaft können jedoch nicht rückgängig gemacht werden.
      Das Ziel der vorliegenden Webseite lautet: Die heutige Schreibweise von Lokalnamen (Flurnamen) soll unverändert bleiben. Dieses Ziel ist nun weitgehend erreicht und wahrscheinlich werde ich darum in Zukunft diese Webseite nicht weiter redigieren.

Der Redaktor, Paul Märki. 30. Dezember 2015.


Um wesentliche Zusammenhänge auf dieser Webseite zu erkennen, helfen
das Inhaltsverzeichnis und das anschliessende Kapitel 1, Zusammenfassung.
Ferner die Kommentare des Redaktors, z. B. vom
-   2. Juli 2011,
- 15. März 2012 und
-   2. März 2013.



Roopel heisst wieder Rotbühl.

Thurgauer Zeitung vom 7. Dezember 2015.

Grossformat
Ein Ausschnitt aus dem Hörnli-Blatt der Landeskarte von 2015. (Bild: Swisstopo)

FRAUENFELD. Das erste Thurgauer Blatt der Landeskarte ist aktualisiert worden. Auf der 1:25'000er-Karte des Hörnligebiets sind die extrem mundartlichen Ortsnamen getilgt. Im Laufe des nächsten Jahres werden alle Thurgauer Blätter erneuert.

CHRISTOF WIDMER


Wer mit der Landkarte in der Hand vor Rotbühl steht, dürfte verwirrt sein. Auf der Karte ist der Ort mit «Roopel» gekennzeichnet. Auf der Strassentafel steht aber «Rotbühl».
     So geht es mit unzähligen anderen Ortschaften im Kanton. Auf der Landeskarte sind die extrem mundartlichen Bezeichnungen eingetragen, am Ortseingangsschild steht aber die geläufige schriftdeutsche Version. Mit dem Sprachenwirrwarr ist jetzt aber Schluss. Das Bundesamt für Landestopografie (Swisstopo) aktualisiert derzeit die Kartenblätter. Auf den neuen 1:25'000er-Karten werden die mundartlichen Ortsnamen verschwinden.
     Als erstes Blatt ist das kantonsübergreifende Hörnli-Blatt bereits aktualisiert worden. Darauf ist die Ortsbezeichnung «Roopel» verschwunden – ebenso wie «Ootenegg», das jetzt wieder Ottenegg heisst, oder «Vorderchappegg (wieder Vorderkappegg, Stadelbärg (Stadelberg), Näsple (Nesplen), Alewinde (Allenwinden), Chaltebrune (Kaltenbrunnen) oder Tingetschwiil (Dingetswil).

Bereits im Verkauf
Das neue Hörnli-Blatt ist nach Angaben von Swisstopo bereits im Verkauf. Die übrigen Thurgauer Kartenblätter sind derzeit in Arbeit. Der bei Wanderern beliebte Massstab 1:25'000 sei der genaueste, sagt Sandrine Klötzli, Mediensprecherin von Swisstopo. Deshalb habe das Bundesamt auf dieser Kartenebene mit der Aktualisierung begonnen. Auch die anderen Massstäbe der Landeskarten werden noch aktualisiert.
     Mit den neuen Kartenblättern geht der Thurgauer Lokalnamen-Streit definitiv zu Ende. Bis 2012 hat das kantonale Amt für Geoinformation in seinen Verzeichnissen die mundartlichen Ortsnamen wieder durch die gängigen schriftsprachlichen Namen ersetzt. Das war allerdings für die Landeskarten zu spät. Swisstopo verwendet jeweils die Daten, die die Kantone liefern. Erst als die Thurgauer Kartenblätter schon in Arbeit waren, kam es im Thurgau zur Kehrtwende im Namensstreit. Das war 2010. Die damalige Karten-Auflage erschien darum mit den mundartlichen Namen. Einzig die Thurgauer Wanderkarte wurde «zweisprachig» herausgegeben – mit beiden Bezeichnungen, also zum Beispiel «Roopel/Rotbühl». Auch bei der neusten Überarbeitung benützt Swisstopo die Daten des Kantons – jetzt aber die schriftsprachlichen Namen. «Wenn sich in den Quellen Veränderungen gegenüber der letzten Ausgabe ergeben haben, werden diese in der neuen Landeskarte übernommen», sagt Klötzli.

Durchgehend modernisiert
Abgesehen von den Ortsbezeichnungen ändert auf den neuen Landeskarten auch die Schriftart. Die neue ist besser lesbar, gerade bei schlechten Lichtverhältnissen. Auch bei den Einfärbungen haben sich Änderungen ergeben. Auf der Hörnli-Karte ist vor allem die neue Einfärbung der Kantonsgrenzen als durchgehendes Band sichtbar. Es löst die gestrichelten Linien ab, die bisher zum Beispiel bei Gewässern nicht durchgängig waren. Jetzt lässt sich der Grenzverlauf besser verfolgen.
     Ausserdem hat Swisstopo bei der Modernisierung der Landeskarten eine unterschiedliche Einfärbung von Strassen je nach Typ und von Bahnlinien und Bahnhöfen eingeführt, die nun rot eingezeichnet sind.

Am alten Sprachbild orientiert.
FRAUENFELD. Über Jahrzehnte hat die inzwischen aufgelöste Thurgauer Nomenklaturkommission die Orts- und Flurnamen systematisch erfasst. Dabei orientierte sie sich am Sprachbild der heutigen Grossvätergeneration, das sie nach sprachwissenschaftlichen Grundsätzen festhielt. Dabei entstanden unleserliche Namen wie Tuurraa (Thurrain) oder Haadehuus (Haidenhaus). Der Thurberg hiess Tuurbärg, der Nollen wurde Nole geschrieben, Rotbühl wurde zu Roopel. Aus Holzmannshaus wurde Holpmishus, aus Wahrenberg Woorebärg und aus Eppenstein Äppeste, um nur einige Beispiele zu nennen.
     Als die Thurgauer Zeitung 2009 über das Ausmass der Umbenennungen berichtete, löste das einen Aufschrei in der Bevölkerung aus. Zum Teil erkannten selbst Einheimische ihre Ortsnamen nicht wieder. Damals begannen die extrem-mundartlichen Lokalnamen auch auf Wegweisern zu erscheinen.
     Als Folge der Berichterstattung der Thurgauer Zeitung und des öffentlichen Drucks verordnete der Regierungsrat eine Kehrtwende für 2'400 Siedlungsnamen und bedeutende Flurnamen. Sie werden wieder in der gewohnten schriftsprachlichen Version geschrieben. 18'000 Flurnamen mit lokaler Bedeutung behielten die Mundartschreibweise. (wid)

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