5. Die Schreibweise der Lokalnamen gemäss Weisungen 1948


Weisungen 1948 (PDF, 69 KB)


Seit dem 27. Oktober 1948 gelten die "Weisungen für die Erhebung und die Schreibweise der Lokalnamen bei Grundbuchvermessungen in der deutschsprachigen Schweiz" und seither sind einige kantonale Sonderregelungen dazu gekommen. Nomenklaturkommissionen verfügen die Schreibweise für jeden einzelnen Lokalnamen (Flurnamen).

Die heutige Schreibweise ist ein Kompromiss zwischen phonetischer und schriftsprachlicher Schreibweise, wobei auch die speziellen Formen in den verschiedenen Gegenden gewürdigt werden. Die Weisungen wurden in einigen Kantonen verschieden gehandhabt. In der Regel ist aber die Schreibweise der einzelnen Lokalnamen (Flurnamen) auf der Landeskarte seit Jahrzehnten unverändert geblieben und diese Schreibweise wurde meist unverändert für die verschiedensten Verwendungszwecke übernommen. Seit einigen Jahren wurde hingegen in vielen Gemeinden die Schreibweise 1948 laufend verändert. Dies im Sinne eines erst seit Mai 2005 öffentlich vorliegenden Entwurfes "Toponymische Richtlinien der Schweiz".
   
Grundsätze gemäss Weisungen 1948
  1. Mit der Schreibweise der Lokalnamen ist die eindeutige und übereinstimmende Bezeichnung der Örtlichkeiten bei jedem schriftlichen Gebrauch anzustreben; die Namen sollen leicht zu schreiben und zu lesen sein und von den Einheimischen ohne weiteres verstanden werden. Damit wird die irrtumsfreie Orientierung und Verständigung über Orte am ehesten gewährleistet.
  2. Für die Festlegung der Schreibweise ist von der ortsüblichen Sprechform, nicht von der Etymologie oder einer herkömmlichen Schreibung auszugehen; Rückbildungen abgeschliffener und verdunkelter Formen sowie andere Konstruktionen sind abzulehnen. Man schreibe deshalb Hostet, wo so gesprochen wird, nicht Hofstatt. Nicht volkstümliche Zusammensetzungen und unnötige Beifügungen, wie Blackialpoder Alp Blacki, Juchhof,wo bloss Blacki, Juchgesprochen wird, sind zu vermeiden. Bei verschiedenen Sprechformen ein und desselben Namens ist die bodenständigere, in Zweifelsfällen und wo zweckmässig die weiter verbreitete für die Schreibweise massgebend.
  3. In der schriftsprachlichen Form sind in der Regel zu belassen:
    a. allgemein vertraute, häufig vorkommende Namenwörter, die in gleicher Form auch schweizerdeutsch sind, z.B. Berg, Feld, Weg, Grat(nicht Bärg, Fäld, Wäg, Grot);
    b. Präpositionen und häufig gebrauchte Adjektive, insbesondere in Verbindung mit schriftsprachlichen Wörtern, z.B. Bei, Auf; Unterer, Oberer Stafel; Kleine Allmend.
  4. Durch die Bewahrung typisch und allgemein schweizerischer Lautungen und die Berücksichtigung von mundartlichen Besonderheiten, die grössere Gebiete umfassen, ist eine der Eigenart des deutschschweizerischen Namengutes angemessene Schreibweise anzustreben. Vor allem sollen, von den in Grundsatz 3 erwähnten Wörtern abgesehen, die für das Gesamtschweizerdeutsche charakteristischen Lauterscheinungen zum Ausdruck kommen (Spicher, Hus, Hüser, Guet, Büel, Chalchegg).Die Kantone regeln im Rahmen der vorliegenden Grundsätze die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von sprachlichen Sonderentwicklungen, die ihr Gebiet betreffen (Bundesratsbeschluss vom 22. Februar 1938, Artikel 4 und 5). Schwer lesbare Formen sind nach Grundsatz 1 zu vermeiden.
  5. Namen, deren ursprünglicher Sinn dunkel oder nicht allgemein bekannt ist, sind möglichst so zu schreiben, wie sie gesprochen werden, z. B. Horbach, Rodhof,wo diese Formen der Mundart entsprechen, nicht Haarbach, Radhof(falsche Sinndeutung).
  6. Zwitterformen (konstruierte und dem Sprachgefühl widerstrebende Bildungen) und Widersprüche sind zu vermeiden, insbesondere
    a. die Verbindung eines nach Grundsatz 3b zulässigen schriftsprachlichen Wortes mit einem Namen in typisch mundartlicher Form. Man schreibe deshalb Uf der Mur(nicht Auf der Mur), dagegen Auf den Bächen(nicht Uf den Bächen);
    b. soweit angebracht, Wortformen, die einen von der lokalen Mundart abweichenden und einen typisch mundartlichen Lautstand in sich vereinigen, wie z.B. Schnegg mit eund mundartlichem gg, wo Schnägggesprochen wird.
  7. Mundartformen von bekannten Ortsnamen (auch Familiennamen), deren Schreibform festgesetzt ist und welche in Lokalnamen enthalten sind, sollen bewahrt werden: Ifleracker (Ifwil), Büliberg (Bülach), Honeriholz (Hohenrain), Rüssmatt (Reuss), Rifeld (Rhein), Nüchemerfeld (Neukomm).
  8. Für die Schreibung der Namen dient das gewöhnliche Alphabet der schweizerischen Schulschrift (das Scharf- sist als sszu schreiben). Statt der Umlaute Ae, Oe, Ueverwende man die einfachen Zeichen Ä, Ö, Üund man unterscheide zwischen I(Vokal) und J(Konsonant).

Für die praktische Durchführung der Grundsätze sind die Schreibregeln wegleitend. 

Zwei Postulate für die Beibehaltung der Weisung 1948 anlässlich der Herbsttagung 2006 der Schweizerischen Gesellschaft für Kartografie

  • Die Weisungen 1948: linguistisch - pragmatische Bemerkungen.
    Referent: Angelo Garovi, Obwaldner Staatsarchivar, Titularprofessor für deutsche Sprachwissenschaft an der Universität Basel
    Link zu PDF (23 KB)
  • Die Weisungen 1948: Gründe zur Beibehaltung aus Sicht der Benutzer.
    Referent: Martin Schlatter, Leiter GIS-Zentrum Kanton Zürich
    Link zu PDF (1'413 KB)


Die Weisungen 1948 - fälschlicherwese hin und wieder totgesagt - sind während 63 Jahren ununterbrochen gültig gewesen, genau bis zum 1. August 2011!
Eine Chronologie der
Webseite von swisstopo:

  • "in Kraft"
    2005. Die Weisungen 1948 waren auf der Webseite Amtliche Vermessung aufgeführt mit dem Hinweis "in Kraft".
  • "ausser Kraft"
    Mitte März 2007 wurde dieser Hinweis geändert: "ausser Kraft". Ein formeller Beschluss über die Ausserkraftsetzung ist dem Redaktor dieser Webseite nicht bekannt.

  • in Kraft
    2. Januar 2008. Zufällig stellte der Redaktor dieser Webseite fest, dass die Weisungen wieder aufgeführt waren im Abschnitt "Rechtserlasse Stufe Departement" auf der Webseite "Die Amtliche Vermessung der Schweiz (AV)": "Stand: 01.04.1977. Weisungen für die Erhebung und Schreibweise der Lokalnamen bei Grundbuchvermessungen in der deutschsprachigen Schweiz (1102KB)".
  • "anzuwenden - ohne gesetzliche Grundlage"
    Dies offenbar darum, weil im Kreisschreiben Nr. 2007 / 02 Leitfaden Toponymie -  Weisungen 1948 verfügt ( vgl. Kap. 32) wurde: "Bei neu anstehenden Arbeiten sind wie bisher die Weisungen 1948 anzuwenden, obwohl sie auf Stufe Bund seit längerem keine gesetzliche Grundlage mehr aufweisen." Ein formeller Beschluss über die angeblich fehlende gesetzliche Grundlage wird nicht zitiert.

  • "in Kraft"
    20. Juni 2009. Zufällig stellt der Redaktor dieser Webseite fest, dass die Weisungen - offenbar ohne Vorbehalte - wieder als rechtsgültig im Internet aufgeführt werden:
    Webseite" Das Portal der amtlichen Vermessung", Rechtliche Grundlagen / Geografische Namen.
  • Und weiterhin in Kraft! Nochmals während 63 Jahren?
    1. August 2011. Zwar werden die Weisungen 1948 nach 63-jährigem Bestehen formell aufgehoben. Der Anhang mit den ausführlichen Weisungen für die Erhebung und die Schreibweise der Lokalnamen wird jedoch gemäss Artikel 10 der Weisungen 2011 unverändert übernommen als Anhang in den Weisungen 2011!
         Die formelle Aufhebung der Weisungen 1948 im Artikel 11 der  Weisungen 2011 beweist, dass die Weisungen 1948 während 63 Jahren gültig waren. Alle Verstössse gegen die Weisungen 1948 waren somit rechtswidrig.


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